Neuß-Grevenbroicher Zeitung, Montag, 1. Juli 2003

Konzert des „forum vocale köln“ in Dreikönigen

Im Klang schwebend und ausgewogen

Neuss. Einer nicht alltäglichen The­matik widmete sich das „forum vocale köln“ anlässlich seines Konzertes in der Pfarrkirche Hl. Dreikönige. Ho­heliedvertonungen von der Gregoria­nik bis zur Gegenwart hatten Georg Bours und seine 19 Sängerinnen und Sänger der leider nicht allzu großen Besucherschar mit nach Neuss ge­bracht. „Die herrlichste Sammlung Liebeslieder, die Gott erschaffen hat“, so bezeichnete Goethe das „Ho­helied Salomonis“.

Die geistig-eheliche Liebe zwi­schen Gott und Israel ist in diesen bildhaften und erotischen Texten gleichzeitig schwärmerische Schilde­rung der Liebe zwischen Mann und Frau. Komponisten aller Epochen lie­ßen sich davon zu ganz unterschiedli­chen musikalischen Deutungen in­spirieren.

Bours hatte sich, seiner musika­lischen Neigung entsprechend, über­wiegend für Tonschöpfungen des 15. bis 17. Jahrhunderts entschieden. John Dunstable (1380-1453) und Ale­xander Agricola (1446-1506) waren ebenso vertreten wie Henry Purcell (1659-1695), Orlando di Lasso (1532-1594) oder Melchior Franck (1580-1639). Das Interesse, einmal solch unbekannte Kompositionen kennen zu lernen, wurde allerdings irgendwann durch eine nicht zu leug­nende Gleichförmigkeit getrübt. So waren die klangvollen „Tota pulchra“-Vertonungen von Anton Bruckner und Maurice Duruflé eine willkom­mene Abwechslung, ebenso wie zwei Orgelintermezzi, mit denen Kantor Michael Führer den Sängern zu einer Erholungspause verhalf.

Georg Bours hat das „forum vocale“ 1981 gegründet und mit seinem stimmlich vorgebildeten Sängerpo­tenzial einen hohen Standard er­reicht. Der Chorklang ist ausgewo­gen und schwebend, dazu bis auf ei­nige Trübungen in den Männerstim­men (Purcell: Anthem) intonations­sicher. Ohne Qualitätsverlust kann der Leiter, der engagiert, manchmal mit allzu ausladender Gestik diri­gierte, seine Vokalisten solistisch einsetzen.

Was ein wenig störte, waren die häufigen Standortwechsel. Natürlich musste zu den orgelbegleiteten Wer­ken die Empore erklommen werden, aber warum mal in den Seitenschif­fen, mal unter der Orgelempore ge­sungen wurde, blieb ein Rätsel. Ruhe und Sammlung kehrten erst ein, als das „forum“ sich endlich im Altarraum zusammenfand und mit fünf Hohelied-Motetten von Franck und den eindrucksvollen, meditativen „Lyrischen Motetten — Die Blume des Scharon“ von Jürg Baur (geboren 1918) einen meisterlichen Schluss­punkt setzte. Heide Oehmen